Wie viele Video werden von einem YouTube Künstler innerhalb einer Woche angeschaut? Die Videos der Content-Produzenten können in der Regel zwischen 100 und hundertausende Views innerhalb der ersten sieben Tage vorweisen. Dabei wundern sich viele kreative Köpfe und die Produktionsfirmen, die ihr Videomaterial neben dem User-Generated-Content zeigen, wieso sich die Zugriffszahlen nicht exponentiell erhöhen, je mehr Material im Netz verfügbar ist. Ich möchte dazu das Prinzip des Aggregated Long Tail Views vorstellen und damit aufzeigen wie der Blick über den Tellerrand zu werfen ist.
Ein Content-Produzent stellt in dem Beispiel wöchentlich eine Folge seiner Produktion der Öffentlichkeit zu Verfügung. In der ersten Woche erreicht das erste Video „nur“ 100 Views, jedoch erreicht schon eine zweite Folge in der folgenden Woche bereits 160 Views. Nach sechs Wochen erreicht der Künstler durch sein größer werdendes Publikum bereits 1190 Views mit nur einer Folge. Eine Steigerung ist daher erkennbar, jedoch wurden dazu nur die einzelnen Folgen in der jeweiligen Startwoche betrachtet. Ein Long Tail ist für die Erhöhung der Zuschauerzahlen in den Startwochen nur im Ansatz erkennbar.
Erhöhung des gesamten Video-Konsums
Die Entwicklung der Zahlen aus den Startwochen der einzelnen Folgen zeigt jedoch nur einen geringen Bruchteil von dem, was die Zuschauer eigentlich konsumieren. Auf YouTube werden die Videos nach der Ausstrahlung bzw. nach einer Woche nicht gelöscht, sondern sind im Archiv auf ewig im Internet abrufbar. Dieser Aspekt mit seiner Loslösung von Raum und Zeit gibt einer sich maximierenden Summe an Zuschauern die Freiheit auszuwählen wer, wann, wie oft und wie lange ein Video konsumiert wird. Betrachtet man die Entwicklung der ersten Folge von der ersten bis zur sechsten Woche, ist eine vertikale Steigerung von 100 Views dieser Folge auf 4190 Views insgesamt zu erkennen. Selbiges gilt in der Betrachtung von nur der sechsten Woche in Relation zu allen bisherigen Folgen. In dieser sechsten Woche werden nicht 1120 Views auf die Videos klicken, sondern 4190 Views insgesamt mit allen bisherigen Folgen in der horizontalen Betrachtung verzeichnet.
[h2]Kontinuität zahlt sich aus.[/h2]
Wer frühzeitig nach drei oder vier Episoden aufgrund von geringen Zuschauerzahlen aufgibt, hat das Potential des „Aggregated Long Tail Views“ nicht erkannt. Je länger ein Video als Bestandteil einer fortlaufenden Serie im Internet-Archiv vorhanden ist und auch fortlaufend ausgestrahlt wird, desto mehr Zuschauer werden in der Summe sämtlicher Zugriff im "Long Tail Gesamt-Views" aggregiert. Die Tatsache, dass man nicht mit kleinen Zuschauerzahlen hantieren muss, zeigt sich an der gesamten Zuschauerzahl mit ca. 4190 Views in nur sechs Wochen. Der Long Tail existiert für Videos daher auf vertikaler und horizontaler Ebene, um ein Maximum an Zuschauern für ein Sendeformat zu begeistern.
Zukünftige Monetarisierung von User generated Videos
In der Zukunft sind Zahlen wie 1 Millionen Views im Aggregated Long Tail Views die Woche nicht unmöglich. Das besondere daran ist dann, dass man das genau der Werbeindustrie toll darstellen kann.
7 Kommentare
Hallo Ibo,
zunächst erstmal Glückwunsch zum wirklich gelungenem Specialbereich. Da ich leider nicht zur Next07 kommen konnte, habe ich dort allerhand interessanter Informationen gefunden!
Ich sehe das genau so wie Du. Um ein "Special-Format" erfolgreich zu machen, zählt Kontinuität.
Im TV ist es nicht anders. Neue Formate bewerden beworben und gehen an den Start. Ist ein Format nach einer gewissen Laufzeit (Kontinuität) nicht erfolgreich, wird es abgesetzt.
Im Internet hast Du natürlich den Vorteil - anders als im TV - mehr "Kanäle" zu besitzen. Daher kann man einem neuen Format a) mehr Zeit geben und b) im Falle eine unterdurchschnittlichen Erfolges das Format weiterhin laufen lassen.
Viele Grüße aus Köln,
Tobias Hieb
PS: Wie schauts in Deinem Terminkalender aus? Wir wollten uns demnächst mal auf einen Kaffee treffen 🙂
Lieber Ibo,
ich danke Dir sehr, dass Du Dir die Mühe gemacht hast und dieses Prinzip einmal detailliert erläutert hast. Ich werde oft darauf angesprochen, dass ein Video ja in der ersten Woche vielleicht "nur" 3000-5000 Views erzielt.
Man muss den Menschen/Reportern/Werbetreibenden dann immer erklären, dass sich diese Zahlen aufbauen und ein Video im Netz nicht nach der ersten Woche im Archiv verstaubt. Das Tolle daran ist im Netz auch, dass Werbekunden den Werbeplatz bei einem Product Placement auf Ewigkeiten gebucht haben und somit einen viel längerfristigen Effekt erzielen.
Wenn man nun die einzelnen Specials addiert, so kommen sehr respektable Zahlen für Werbekunden zustande!
Besten Gruß
Rob
Hallo Ibo,
ich kann deine Analyse nur bestätigen, allein aufgrund unseres Podcasts, den wir regelmäßig veröffentlichen. Ist zwar kein Video, also "nur" Audio. (BTW wieso lasst ihr das spannende Thema Podcast raus?) Wir erzielen mit einem Nischenthema (Werbung) und einem Nischenformat (60 Min. Talk) mit “aggregated Long Tail” zur Zeit monatlich 11.000 Downloads. SO kann man sich ungefähr konkret vorstellen, wie du gerechnet hast. Das ist schonmal richtig.
Allerdings werden nicht alle Formate trotz Durchhaltevermögen auch immer die gleich große Masse erreichen. Meine Frage ist daher, wie können wir ein Modell entwickeln, bei dem auch die Nischen erfolgreich mit regelmäßig 2-5 Tausend Fans arbeiten können. Müssen wir immer mit den Millionen am Ende locken oder können wir vielleicht nicht auch mit anderen Skills für diese Nischenmedien werben? Zum Beispiel mit Special Interest und High Involvement. (wer meine Bullshit-Sprache nicht versteht: Spezielle Nischen Themen, die Fans tief und regelmäßig in das Angebot eintauchen lässt.) Als Zuschauer identifiziert man sich stärker mit diesem Format, der Sender wird wesentlich glaubwürdiger. Was die Werbung - also der Finanzier - damit anfangen kann, überlasse ich der Fantasie der Kreativen.
Gleichzeitig vielleicht auch die alte Frage ob sich ein Mischmodell lohnen könnte. Also entwerde werbefinanziert und/oder Premium werbefrei. Allerdings dürftest du da die bessere Erfahrung haben.
Vielleicht wird es auch an der Zeit, dass sich manche Web 2.0 Dienste zu einem großen Mash-Up zusammenraufen. Denn dann kann folgendes Geschehen. Der Aufbau eines großen digitalen Verlages für alle alternativen Medienangebote. Der Vorteil, man könnte die Kräfte bündeln und damit beginnen aus AAL ein AAB zu machen (Andere ihre Arbeit bezahlen). Denn wenn die derzeitigen erfolgreichen Web 2.0 Dienste, so wie ihr, eines kann, dann die Online-Kommunikation. Nicht umsonst ist bei euch ja Burda eingestiegen, was ich an ihrer Stelle auch getan hätte.
So weit mal meine wilden Gedanken am Samstag morgen.
Ibo,
natürlich reicht eine Woche "Special" nicht, aber wenn ich mir die Zahlen so anschaue, dann kann ich das jetzt schon unterstreichen.
Hallo Ibrahim,
wirklich toller beitrag. thumb up, schriebe wohl der Engländer.
nur das timing war schlecht :-).
warum schreibe ich in meinem blog.
grusz
klm