Google Rechenzentrum, Infrastruktur und die letzte Meile

Das Internet entwickelt sich immer weiter -Tag für Tag-. Die nächste Stufe, die das Netz erreichen kann, wird meines Erachtens das Super-Internet sein. Eine Vorstufe ist der Zusammenschluss der digitalen Supermächte zu einem Mega-Netzwerk, durch die Vereinfachung der technischen Schnittstellen.
All die Daten, die ein User für die Anmeldung bei verschiedenen Services angegeben hat, alle Spuren, die er sonst auf deren Seiten hinterlassen hat, können dann unter den Unternehmen ausgetauscht und zusammengeführt werden. Dadurch wird jeder Nutzer mit all seinen Daten bekannt und »verwertbar«. Dennoch wäre das nur ein konsequentes Weiterdenken der bisherigen Ereignisse.


Links:
MySpace und Facebook verhandeln über gemeinsame Inhalte
Facebook erlaubt Log-in mit OpenID
Google wird zum OpenID-Provider


Google hat es bisher in Perfektion verstanden, die Informationshoheit auf diesem Planeten anzustreben: die Server stehen bereit, der Strom kommt zum Teil schon aus eigenen Quellen und in die Leitungen, die Infrastruktur kauft sich das Unternehmen unbemerkt ein. Aber etwas fehlt der digitalen Supermacht zur Verteilung seiner Informationen um eine absolute Unabhängigkeit zu erreichen: Die letzte Meile zum Kunden, sozusagen die superschnelle Glasfaserinternet für Privatanwenderinnen und -Anwender.

Sie gehen also eine Ebene tiefer in dem Geflecht der Internetverbindungen: Sie werden sich technische Infrastrukturen zukaufen. Dann hätten die digitale Supermachte Google nicht nur den vollen Zugang zu allen Informationen, sondern auch noch die Herrschaft über zunächst einen Teil der Leitungen im Internet. Das alles würde zu einer marktbeherrschenden Position führen, denn niemand, kein Unternehmen und keine Privatperson kämen im Internet mehr an den digitalen Supermächten vorbei. Die Geschäftspolitik dieser Firmen wäre auf der Welt wirklich einmalig.

Die richtig großen Daten-Autobahnen im Internet werden durch sogenannte Tier-1-Carrier zur Verfügung gestellt, die die leistungsstarken Überseekabel zwischen den Kontinenten nutzen. Man könnte die Tier-1-Carrier mit den Hauptschlagadern im menschlichen Körper vergleichen, die sich in kleinere Blutbahnen, die Tier-2- und Tier-3-Carrier, verzweigen. Die großen Tier-1-Carrier verbinden ihre Netze untereinander kostenlos und verkaufen ihre Leistungen an die Tier-2-Carrier, zu denen auch die Deutsche Telekom gehört. Es lohnt sich sicher, die Entwicklung im Infrastruktur-Markt der Tier-1-Carrier im Auge zu behalten, denn es gibt nur neun Firmen auf der Welt, die den Markt beherrschen: AT&T, AOL Transit Data Network, Verizon, Level (3), Sprint Nextel, Global Crossing, Savvis und NTT Communications. Ich finde, wir haben sogar die Verpflichtung diese Entwicklung genau zu beobachten.


Google hat unter anderem unter anderem in Europa einen langfristigen Vertrag mit E-Shelter unterschrieben und nutzt folgende zwei RZs von E-Shelter in Europa: Das neue Rechenzentrum in London sowie das neue Rechenzentrum in Berlin. - Darüber hinaus gibt es ein Video vom Google Belgium RZ. Weitere Informationen zu den Rechenzentren findet ihr hier: Google's Data Center.
Folgende Daten habe ich herausfinden können:
Invest in datacenter 2006: 1,9 Mrd. $
Invest in datacenter 2007: 2,4 Mrd. $
Invest pro Center: rund 600 Mio $

Wie ein Datacenter aussieht findet ihr hier: Datacenter von Google

Anzahl inkl. in Bau befindlich: 36 (19 Amerika, 12+29(Partner) Europa, 3 Asien)

Map of all Google data center locations:
1. Google.com
2. Pingdom.com
3. Bald Google-Datencenter in Kronstorf?


Das Super-Internet könnte eine große Gefahr für alle zur Zeit am Markt agierenden Provider und Telekommunikationsunternehmen werden. Im Jahr 2006 ließ mich eine Meldung aufhorchen: »FON«, ein Unternehmen das sich zum Ziel gesetzt hat, das Internet über kabellose Zugangsboxen für jedermann zugänglich zu machen, bekam damals Kapital von drei großen Unternehmen: Google, Sequioa Capital (ein Risiko-Kapitalgeber) und Skype. Das scheint zunächst keine so wichtige Nachricht zu sein, doch meiner Meinung nach wird damit etwas möglich, das zu einem Erdbeben in der Telekommunikationsbranche führen könnte. Denn wenn wir die Puzzleteile, die uns diese Meldung an die Hand gibt, in der richtigen Weise zusammensetzen, könnte folgende Vision daraus entstehen: Unzählige Menschen haben bereits W-Lan-Router bei sich Zuhause aufgestellt und nutzen diese Technik, um das Internet in der ganzen Wohnung verfügbar zu haben.

Wenn es jetzt aber darüber hinaus tatsächlich ein Gerät gäbe, dass sich ebenfalls der W-Lan-Technik bediente, aber bei verschiedenen Abrechnungsnummern seinen Zugang zum Internet für alle Rechner und Router in der näheren Umgebung offen hielte – ich möchte hier nicht auf die technischen Details eingehen –, so entstünde eine W-Lan-Kette, die es besonders den ländlichen Gebieten, in denen heute eine dramatische Unterversorgung mit schnellen Internetzugängen besteht, ermöglichen würde, endlich schnelle Internetzugänge zu nutzen, die zum Beispiel von Funktürmen auf kleinere W-Lan-Einheiten verteilt würden. Das aber nur als ein Beispiel für viele mögliche Nutzungen. Jedes dieser Geräte würde damit zu einer kabellosen Internet-Empfangs- und Sendestation für andere werden. Würden also in einer Stadt solche Zugänge gleichmäßig verteilt werden, wären alle Einwohner dieser Stadt, egal ob Zuhause oder im Park, in der Lage, über dieses Netzwerk ins Internet zu gehen.

Dieses Anschlussstück, der Weg von der letzten Verteilungsstelle zum Endkunden, ist in einigen Ländern durch ein rechtliches Monopol eines Telekommunikationsunternehmens oder ein de facto Monopol der Energie-Versorger vor dem Zugriff durch Google geschützt. Wenn ich mir aber jetzt vorstelle, dass Google in jeder Stadt zwei oder drei Funktürme errichten würde, die in der Lage wären, diesen Weg von der bisherigen Vermittlungsstelle zum Endkunden zu überbrücken, dann könnten diese Funktürme zusammen mit den W-Lan-Empfangs- und Sendegeräten bei den Endkunden eine eigene leistungsfähige und zudem kabellose Infrastruktur schaffen.

Google würde es damit gelingen, „die letzte Meile“, den durch das staatliche Monopol geschützten Weg von der bisherigen Vermittlungsstelle zum Endkunden mit Funktechnik zu überbrücken. So würde das Unternehmen alle Telekommunikationsunternehmen, als »Inhaber« der letzten Meile, im wahrsten Sinne des Wortes überflügeln, indem Google das, was den Kommunikationsunternehmen bis heute nicht geglückt ist – nämlich, Internetzugänge auch in unterversorgten Gebieten zu ermöglichen –im Handstreich gelingen könnte. Bei seinen Neuerungen geht Google in seinem Heimatort Mountain View, Kalifornien, schon einen besonderen Weg, in dem es dort für den ganzen Ort ein flächendeckendes W-Lan-System eingerichtet hat.

Damit hätte Google zwar die letzte Meile überbrückt, wäre aber immer noch an die Internetprovider gebunden. Daher könnte vielleicht eher noch die WiMax-Technologie ein Weg sein, um in den Telekommunikationsmarkt vorzudringen. Es ist aber wegen der enormen Kosten davon auszugehen, dass die Investitionen in diesen Bereich erst dann von Google getätigt werden, wenn es auf seinen anderen Geschäftsfeldern keine so starken Wachstumsbedingungen wie bisher finden würde.

Das Wort »telefonieren« könnte also bald aussterben und zum Beispiel durch das Wort »skypen« ersetzt werden, denn Skype wäre dann der ultimative Kommunikationsdienst, den der Weltprovider Google überall zu Kommunikationszwecken anbieten könnte. Noch nicht, aber es könnte. Diese Vermittlungstechnik würde sich sicher sehr schnell am Markt durchsetzen, weil mit dieser Technologie alle bisherigen Offliner, gerade auch alle bisherigen Zwangs-Offliner, die von den bisherigen Internetprovidern sträflich vernachlässigt wurden, endlich eine Chance hätten, zu Onlinern zu werden. Gleichzeitig verbauen Google und Skype durch diese Anbindung von bisherigen Offlinern ihren Wettbewerbern die Chance, sich am Markt zu etablieren, weil Google (und Skype) wieder einmal die ersten am Markt wären, die die Möglichkeiten dieses Marktes erkannt haben. Die Folge wäre aber, dass aus dem Informationsmonopol dann ein Kommunikations-Monopol würde.

Daneben ist es natürlich auch denkbar, dass Google basierend auf seinem eigenen Handy-Betriebssystem (Android) zu einem weltumspannenden Mobilfunk-Anbieter werden könnte, der ebenfalls diese Technik nutzen würde. Welche neuen Geschäftsmodelle durch Bewegungs- und Trackingtechnologien möglich wäre, ist noch gar nicht vorstellbar. Google würde hier nur die eigene Mobile Hardware fehlen. Ein Zukauf von Samsung oder Motorola ist möglich. Damit würde Google wichtige Patente erwerben. Das noch Utopie. Noch! Den Telekommunikationsmarkt nicht nur in Deutschland würde es jedenfalls kräftig erschüttern, wenn es Google gelänge, - durch welche Technik auch immer - als Internet Service Provider aufzutreten.

Die Vision ist auf Google zugeschnitten und Google arbeitet nicht national, sondern global und mit großem Erfindungsreichtum. Gänsehaut.


Weitere Themen rund um das Thema Google findet ihr in meinem Buch:
Der Fixierungscode

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UPDATES:
24. Mai 2013
Google Fiber könnte die Spielregeln des Netzes auf den Kopf stellen

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http://googleblog.blogspot.com/2010/02/think-big-with-gig-our-experimental.html

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20. Februar 2014
Google will sein Highspeed-Internetnetz Fiber in den USA auf insgesamt 34 Städte ausbauen. Fiber verspricht Netzgeschwindigkeiten von bis zu 10 GB/s und soll Google ein Stück vom lukrativen Geschäft mit Kabelnetzen bringen.
http://techcrunch.com/2014/02/19/google-plans-to-expand-fiber-to-34-additional-u-s-cities/

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31. Januar 2015
Google erweitert das Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz Fiber um eine weitere Funktion. Neben schnellem Internet und dem TV-Angebot sollen Kunden von FiberPhone künftig einen Telefonie-Dienst nutzen können - sowohl mobil als auch per Festnetz. Bisher ist der Dienst nur auf einige Regionen in den USA begrenzt.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Google-Fiber-soll-in-den-USA-kuenftig-VoIP-anbieten-3088131.html

 

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12 Kommentare

  • @admoe - hehe, danke. 😉

  • hey ibo,
    interessante, aber auch irgendwie erschreckende vision.

    zum weiterspinnen, warum setzt google auf android? weil es sehr gut weiß, dass internet für die meisten menschen auf dieser welt mobil geschieht.

    wir in den industrienationen haben das internet über pc's kennengelernt und freuen uns nun über das mobile internet. die menschen in asien oder afrika, also der weitaus größere teil der weltbevölkerung, haben heute ihre ersten kontakte mit dem internet über das handy.
    bsp. indien, die verkaufszahlen für pc's sind rückläufig, dagegen nutzten bereits mehr als 50mio menschen das mobile internet.

    zum glück arbeitet nicht nur google daran, schwer zugängliche gebiete mit internet zu versorgen. absolut tolles projekt: nethope.org, die ein "network relief kit" herausgebracht haben, mit dem man in regionen, wo selbst kein handy mehr funktioniert, per satelit ins internet gehen kann. das nfk kostet 3.500 US$ und passt zudem in jeden rucksack. es wurde für einsätze in katastrophengebieten entwickelt, ließe sich durch clevere geister aber mit sicherheit massentauglich realisieren.

    eine frage bleibt mir zu deinem artikel: hinterfragst du gar nicht, was es bedeuten würde, wenn google die komplette netz- und informationsmacht halten würde?

  • Diese Vorstellung macht mir ein wenig Angst, denn das würde bedeuten, dass Google jederzeit auf alle Daten, die ich im Internet verbreite, Zugang hätte. Nicht nur die Dinge, die ich auf öffentliche Seiten schreibe, sondern auch auf private wie E-Mails (Ok - viele nutzen schon Googlemail) oder Chatunterhaltungen. Sie könnten ganz einfach alles mitschneiden / durchsuchen.

    Die Vorstellung, dass überall W-Lan verfügbar ist, ist aber natürlich wieder eine sehr schöne und für die Leute, die keine richtige Leitung von den ganzen Anbietern bekommen, echt top!

  • Kleiner Tippfehler mein Guter: Sarüber hinaus gibt es ein Video vom Google Belgium RZ.

  • Google Voice geht ja auch genau in diese Richtung...

  • Wieder ein sehr interessanter Artikel der zum Nachdenken anregt. Solange Google seine Vormachtstellung nicht ausnutzt und weiterhin ein Großteil seiner Produkte an Endkunden gratis gibt, sehe ich nicht alles so problematisch.

  • Ganz aus meinem Herzen gesprochen. Tatsächlich teile ichdie Befürchtugen schon lange.

    Neben diesen dargestellten Elementen gibt es noch weitere Puzzleteile, weniger in der Infrastruktur, als in Software zur Vernetzung, die dieses Bild schon länger zeichnen.

    Gibt es eigentlich irgednwelche gegensätzlichen Bestrebungen, es muss doch Konkurrenz geben?

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