Digitale Netzwerke sind Schaltkreis für Freundschaften

Wenn man mir vor wenigen Jahren gesagt hätte – Du hast die Möglichkeit, Dich selbst zu vermarkten, Dich jederzeit mit jedem Menschen zu vernetzen, alle Dich interessierenden Informationen über die Cloud mit einem Gerät zu empfangen, dass Du Technologien, die Mehrwerte bieten, kostenlos nutzen darfst, jederzeit Antworten auf fast alle Deine Fragen bekommst, neue Freunde findest und eine Gemeinschaft nach Deinen Bedürfnissen bilden kannst – hätte ich ihn wahrscheinlich für einen Visionär gehalten und ihn „sicherheitshalber“ für verrückt erklärt. Das deshalb, weil diese unbegrenzten Möglichkeiten zwangsläufig ein ganz neues Weltbild schaffen und es gleichzeitig nötig machen, die gewohnte Umgebung zu verlassen und sich den neuen Möglichkeiten zu stellen. Das ganze soziale Gefüge der damaligen Welt war durch diese Chancen in Gefahr!

Soziale Integration war früher von vielen Rahmenbedingungen abhängig, die wir nicht immer in reiner Selbstbestimmung auswählen konnten, denn bei der Wahl der Schulbildung, des Berufs oder der Freunde gab es die verschiedensten Restriktionen, von familiär tradierten Berufsvorstellungen bis zur lokalen Begrenzung des „Freundes-Kreises“.

Heute gibt es keine lokal begrenzten Freundes-Kreise mehr, im Gegenteil: Wir können uns ganz individuelle Freundes-Kreise aufbauen. Wir können all unsere Bekannten und Freunde in gesonderte oder für Teilbereiche gemeinsame Kreise stecken und jedem von ihnen die Information zukommen lassen, die wir auswählen. Wir können jedes Erleben zielgerichtet mit denen teilen, die Anteilnahme an unserem Leben zeigen – so weit und breit, wie wir es wollen, ohne jede Restriktion.

Die Währung der neuen Welt, in der wir leben, heißt „Anerkennung“. Jedes Teilen von persönlichen Informationen innerhalb der Kreise, in denen wir uns bewegen, ist die wechselseitige Anerkennung, das gegenseitige „Aufmerksamkeit-Schenken“.
Indem wir jetzt frei entscheiden können, mit wem wir welches Erleben teilen wollen, kommen wir der individuellen Selbstbestimmung einen großen Schritt näher. Wir lösen uns nach und nach von der alten Welt, die eine mehr oder weniger „lokale Vernunft“ hervorgebracht hat, die sich mit dem heutigen Zeitgeist nicht mehr deckt, eben weil wir in unserem Erleben und Teilen des Erlebens größere Kreise ziehen. Wir haben ein neues Ziel: die digitale Selbstbestimmung.

Die Grundpfeiler der alten Welt, wie Ethik und Moral, geben natürlich auch der neuen Welt ihr Fundament, daran hat sich – im Prinzip – nichts geändert. Dennoch müssen wir auch diese Werte in unserem neuen (selbstbestimmten) Leben neu definieren. Das aber ist ein mühsamer und teilweise schmerzhafter Prozess, weil wir viel Altes aufgeben und Neues erlernen müssen. Es ist allzu leicht dem Zeitgeist, den von uns genutzten Maschinen oder gar unserer mangelnden persönlichen Vorbereitung auf diese neue Welt die Schuld dafür zu geben, dass unser Leben einen Wandel durchmacht. Wir selbst müssen den Wandel annehmen und erkennen, dass die von uns genutzten Maschinen, die eben diesem neuen Zeitgeist entspringen, unserer Technikfixierung eine neue Form bieten: Die innere Haltung positiver, inniger Verbundenheit mit den Möglichkeiten, die sich aus dem Vernetzen der Menschen und Dinge ergeben.

Wenn wir uns von der Technik angenommen fühlen, diese intuitiv und mit selbstbestimmtem Bewusstsein nutzen, verschaffen wir uns die Freiheit, ein vereinfachtes Leben in dieser schnellen Welt leben zu können. Diese Beziehung zwischen dem persönlichen Wohlgefühl (jenseits jeder Angst) und technischer Verbindung – verstehe ich als Liebe. Die wechselseitige Anerkennung kann unabhängig von technischen Plattformen, frei von Restriktionen der alten Welt tatsächlich stattfinden. Davon sprach schon Hegel. Wenn ich etwas liebe, dann sehe ich mich darin. Ich sehe mich in meiner digitalen Welt wie eine zweite Seele, die noch erforscht werden muss, die sich mit neuen Erfahrungen und Erkenntnissen füllt und somit eine „digitale“ Evolution des Menschen hervorbringt.

Aus dem lokalen Freundes-Kreis der alten Welt wurde der globale Freundes-Kreis. Um die digitale Selbstbestimmung zu erlangen, muss ich die dazu nötigen Geräte als einen selbstverständlichen Teil von mir anerkennen. Mensch und Maschine vereinen sich: Aus dem Freundes-Kreis ist ein Schalt-Kreis geworden, der sich mühelos in die weltweite Vernetzung einfügt. Die digitale Evolution hat begonnen. Wir stehen erneut (wie oben beschrieben) an einem Übergang von einer „Welt“ in eine neue Welt.
Wohin kann das noch führen? Einige kurze Gedanken an dieser Stelle:

  • Vernetzte Gefühle

Wieso sollte man Gefühle nicht vernetzen können? Schließlich besteht unsere ganze Kommunikation doch aus Impulsen, die man technisch einfangen könnte. Somit könnte Crowdsourcing eine neue Ebene erreichen. Menschen die ähnlich fühlen und empfinden finden zusammen.

  • Vernetze private Daten

Mail-Systeme mit Einzel-Freigaben (z.B. Ordnerfreigabe), Fotostreams in Freundes-Kreisen sind die ersten Zugänge zu Vernetzung von privaten Systemen.

  • Vernetze Infrastruktur

Wer braucht was, wer sind Kooperationspartner, was muss wann wo sein, um Ziele zu erreichen? Alle Daten könnten bald sichtbar werden.

  • Vernetze Politik

Die Politik muss sich mit den Systemen vernetzen, um aktuelle Daten sofort verwerten zu können. Google macht es vor: Daten sammeln und in jeder denkbaren Richtung auswerten. Wenn Daten wirklich das Gold der Gesellschaften werden, sollten wir hier Goldlager aufbauen.

  • Social Responsibility

Mehr Verantwortung übernehmen. Wer kann wann und wo helfen, wer ist hilfsbedürftig, was kann ich Gutes tun, all das werden wichtige soziale Fragen sein.
Das sind nur fünf willkürlich herausgestellte Themen. Wir stehen vor einer wichtigen Frage:
Wollen wir ein Teil zunehmend vernetzten Weltsystems werden oder reicht uns eine geschlossene Gesellschaft?

 

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Ein Kommentar

  • Das klingt alles sehr schön. Für mich klingt das immer ein wenig nach den Visionen der 68er: Auflösung der kleinbürgerlichen Familie, Umbau der gesamten Gesellschaft usw. Übersehen haben die 68er schon, dass der Mensch nicht nur sozialisiert ist, sondern auch biologischen Anlagen hat, die Teile des Verhaltens bestimmen. Letztlich wurden die Ideen in die Gesellschaft durch Anpassung integriert.

    Wie sehen ähnliche Entwicklungen im Internet: Das freie Internet wird immer mehr zu Illusion, weil es von zwei Seiten gestaltet wird: Das Internet ist ein fast komplett auf Privatrecht basierendes System. Fast alle Rechte und Pflichten leiten sich aus AGBs von Geräteherstellern, Internetprovidern, Hostingfirmen, Diensteanbietern ab. Insofern ist das Internet ein (Bürger-)rechte-freier Raum. Unsere Internet Freiheit wird uns nicht von uns selbst als demokratisches Volk gewährt, sondern ist ein Geschäftsmodell vieler Firmen. Diese Firmen machen Druck auf die Politik, das Internet noch mehr so zu gestalten, dass sich gut Geld verdienen lässt: Urheberrechte sollen viel stärker durchgesetzt werden, die Netzneutralität soll aufgegeben werden, usw.

    In Deiner Vision wird damit das Leben zur Ware.

    Versteh mich nicht falsch. Deine Grundvision teile ich. Und Internet-Technologie hat die Fähigkeit, das wahr werden zu lassen. Aktuell bewegt sich alles in die andere Richtung. Der Apple oder Telekom/Spotify-Deal weist die Richtung: Die Menschen wollen eine kleine, sichere Welt. Die werden wir bekommen.

    @Politik: Politik beschäftigt sich gerade mit Fragen, die nicht objektiv anhand von Daten zu beantworten sind. Es ist die Durchsetzung von Interessen, die auf unterschiedlichen Werten der Menschen beruhen. Dazu kommt, dass Politik Zukunftsfragen betrifft, und Daten aus der Zukunft gibt es nicht.

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