Social Selling - Die Bedeutung für den Vertrieb

Was bedeutet Social Selling? Ich nenne mal ein Beispiel: An jeder Straßenecke sehe ich Restaurants, Cafés und Bars aus dem Boden sprießen, die schnell wieder von der Bildfläche verschwinden. Es scheint sich heute jedermann für einen begnadeten Gastronom zu halten. Ebenso wie jeder meint, er könne ein guter Verkäufer sein. Erfahrene Geschäftsleute wissen: Verkaufen ist ein hochkomplexer, sozialer Akt. Überzeugung ist der kleinste und bedeutendste gemeinsame Nenner zwischen Verkäufer und Käufer, der durch etwas sensibel Feinstoffliches ausgelöst wird – sei es ein fester Händedruck, das Erheben der Stimme im Zuge des Kompetenz-Gebarens oder ein ehrliches, vertrauensvolles Lächeln. Verkaufen wird heute immer mehr von einem sozialen zu einem sozial-medialen Akt. Die gläserne Social Media-Welt setzt neue Maßstäbe. Social Selling heißt die Herausforderung, die jeder gute Verkäufer annehmen muss, der überleben will.

Social Selling durch Facebook, Twitter, LinkedIn und das gesamte Internet selbst müssen als Katalysatoren sozialer Verbindungen verstanden werden, die sich auch auf den Prozess des Einkaufens auswirken. Früher bat man Freunde um Ratschläge, die Hausfrau tat ihre Meinung zum neuen Staubsaugertyp am Gartenzaun kund, und Beschwerdebriefe gingen direkt an den Hersteller eines Produkts. Heute zählt immer noch die Meinung der engsten Vertrauten, doch zusätzlich verbreiten sich nicht eingehaltene Produktversprechen weit über den eigenen Gartenzaun-Tratsch hinweg – sie werden mit der ganzen Welt geteilt.

Kunden sind heute eng vernetzt und regelrecht überinformiert, denn nicht nur jeder Schnupfen wird gegoogelt, sondern wir erforschen auch jedes Produkt unserer Begierde. Wo aber schauen wir mit Sicherheit zuletzt nach? Auf der Website des Herstellers. Stattdessen blättert der Kunde von heute lieber in einem authentisch anmutenden Meinungskatalog, der aus unzähligen Blogs, Foren und Social Media-Kommentaren gespeist wird. Laut einer Verbraucherumfrage der Vertrauensmarke Trusted Shops sind für 90 Prozent der Konsumenten die Kundenbewertungen für die eigene Kaufentscheidung ausschlaggebend.

Durch die Digitalisierung überträgt man zwischenmenschliche Sympathie in die soziale Netzwerke

Um eine richtige Entscheidung zu treffen, nutzen 81 Prozent der User Blogs und Foren, 47 Prozent nutzen LinkedIn und 42 Prozent informieren sich über Twitter. 60 Prozent des Einkaufsprozesses sind laut einer CEB-Studie von mehr als 1.400 B2B-Kunden bereits abgeschlossen, bevor die Interessenten überhaupt mit einem Verkäufer in Kontakt treten. Laut dem Chief Sales Officer, der sich im Rahmen der Studie zu Wort meldete, kommen die „Kunden bereits mit einer klar umrissenen Beschreibung der Lösung an den Verhandlungstisch. Dadurch werden viele unserer Verkaufsgespräche zu Erfüllungsgesprächen.

Diese neue Macht des Verbrauchers verändert die Rolle des Verkäufers. Jeder Hersteller eines Produkts und jeder Anbieter einer Dienstleistung kann diese Entwicklung aber auch für sich nutzen und den Spieß einfach umdrehen. Er muss allerdings das ehrliche Lächeln und den freundlichen kompetenten Händedruck in die Sprache der sozialen Netzwerke zu übersetzen wissen.

Social Selling heißt diese Weiterentwickling des Verkaufens, die eine neue Kundenansprache impliziert und als eine Evolution statt einer Revolution zu sehen ist. Social Selling ist ein Prozess, in dem Verkäufer ihre Taktik neu denken und ausbauen müssen. Arjen Soetekouw beschäftigt sich im Auftrag von LinkedIn mit diesem Thema und sieht einen klaren Vorteil für deutsche Verkäufer. Durch die Verknappung der floskelreichen deutschen Sprache im Selling-Prozess werden Kunden viel eher angesprochen und erhalten durch einen transparenten Imageaufbau Einblicke in das Beziehungsgeflecht des Verkäufers – ein stark vertrauensbildender Aspekt.

Social Selling ist hochempathisches Vorausdenken

Eben die bereits erwähnte Authentizität, die der Verbraucher in den Meinungen zu einem Produkt sucht, muss ihm vom Unternehmen selbst geboten werden. Andernfalls laufen Unternehmen Gefahr, sich von der Meinung über ihre Produkte zerfleischen zu lassen.


Die Frage, die daher am Anfang eines solchen Social Selling-Prozesses stehen sollte, lautet zunächst einmal: Wer will etwas von mir kaufen, oder vielmehr: Wer soll etwas von mir kaufen wollen? Der positivste Nebeneffekt von Social Media ist, dass Käufer ihre Absichten offen durch Kommentare in Foren oder über Social Media-Kanäle bekunden.

Um die Möglichkeiten von Social Media vollends auszuschöpfen, muss man dem potenziellen Kunden zunächst finden, ihn und seine Verhaltensmuster analysieren und ihm dauerhaft zuhören. Analyse- und Monitoring-Tools wie Demographics Pro, Sproutsocial oder Follower Wonk helfen dabei, den Online-Diskussionen von speziellen Kundenkreisen zu folgen und deren Bedürfnisse besser zu verstehen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, Kundenärger gar nicht erst aufkommen zu lassen, sondern Informationen zu liefern, die ihn nicht mit seinen Fragen allein lassen – am besten bevor er sie überhaupt stellen kann.

Auch der Unternehmensberater Dr. Manfred Kauffmann sieht Social Media-Kanäle als unerlässlich an, wenn es um die Vermarktung von Produktlösungen geht. Im Vergleich zu den USA haben wir noch immer Nachholbedarf, denn dort ist Social Selling ein etabliertes Werkzeug: „Jeder dritte Sales Manager setzt dort Social Selling ein. Top-Verkäufer gewinnen mit Social Selling deutlich mehr Aufträge und erreichen ihre vertrieblichen Ziele schneller.”

Der neue Konsument fordert Unternehmen lauthals heraus

Laut dem Social Media Report 2012 erfahren 65 Prozent der Social Media-Nutzer mindestens einmal im Monat mehr über Marken, Produkte oder Dienstleistungen. ‹53 Prozent sprechen an dieser Stelle ein Lob aus und 50 Prozent bringen Beschwerden oder Bedenken über Marken vor.

Diese Zahlen machen deutlich, wie dringend sich Unternehmen auf den neuen Konsumententyp im Netz einstellen müssen – und sie zeigen erste Wirkung: Laut der BVDW-Studie „Social Media Kompass 2014/2015“ setzen inzwischen 38 Prozent aller deutschen Unternehmen auf Social-Media-Maßnahmen und führen als Hauptgründe hierfür die Steigerung der Kundenbindung, des Bekanntheitsgrads und die Verbesserung des Images an.

Über soziale Netzwerke können Verkäufer mit Kunden in Verbindung treten, selbst wenn diese noch damit beschäftigt sind, ihre eigenen Bedürfnisse zu definieren. Durch die asynchrone Funktionsweise von Social Media kann der Nutzer in eben dieser Sondierungsphase angesprochen werden.

Darüber hinaus macht eine kontinuierliche Beteiligung innerhalb relevanter Gruppen in sozialen Netzwerken den Verkäufer und seine Marke einschätzbar und verhilft ihm zu Authentitzität und Glaubwürdigkeit im Internet. Wie aber kannst auch du soziale Netzwerke nutzen, um Kundenbeziehungen zu vertiefen und letztlich auch deine Umsätze zu steigern?

Verkaufen ist heute ein Drahtseilakt.

Diese Fragen zu Social Selling fangen dich auf:

  • Wer bist und wofür stehst du?
    Ehrlichkeit ist die wichtigste Zutat für Glaubwürdigkeit. Überzeuge deine Kunden mit einem aufrichtigen Profil und gib Einblicke in deine Fähigkeiten, deinen Charakter und die Werte, die hinter deinem Produkt stehen. Der Kunde fragt sich heute: Ist das jemand, dem ich mein Geld geben möchte?
  • Was ist deine Zielgruppe?
    Die Transparanz in sozialen Netzwerken ist deine Chance. Lerne die Menschen kennen, die deine Zielgruppe ausmachen! Was sind ihre Bedürfnisse und Sehnsüchte und worüber ärgert sie sich? Welche Inhalte teilt diese Interessengruppe?
  • Wie kannst du Kontakt zu deiner Zielgruppe aufnehmen?
    Social Media bietet vielfältige Möglichkeiten der Kommunikation und Vernetzung. Es geht nicht nur um neue Kontakte, sondern auch darum, den alten Kundenstamm wertzuschätzen und zu pflegen.
  • Womit möchtest du deine Reputation in den sozialen Netzwerken stärken?
    Nutze die Reichweite von Social Media-Kanälen und verbreite gezielt die Informationen, die deine Kompetenzen und Themen zum Ausdruck bringen. Gibt es soziale Projekte, mit denen du in Verbindung gebracht werden möchtest? Von welchen Inhalten möchtest du dich partout distanzieren?

Content: Zu Recht geadelt im Social Web

Ohne durchdachten und zielgruppenrelevanten Content bleibt jegliche Kommunikation und wertvolles Feedback aus. Daher muss Kommunikation mit der Zielgruppe proaktiv sein und Informationen müssen bestenfalls einen Mehrwert stiften. Content Marketing ist daher ein Baustein von gutem Social Selling. Klaus Eck ist Geschäftsführer von d.tales und Gesellschafter von Eck Consulting. Seiner Ansicht nach müssen Marken sich als Content Produzenten verstehen. Content Marketing funktioniert dabei allerdings auf rein freiwilliger Basis. Für den Onliner und Offliner muss gleichermaßen ein Nutzen erkennbar sein, damit die Botschaft durch die Content-Flut dringen und den Kunden tatsächlich erreichen kann.

Glückliche Kunden waren schon immer die besten #Markenbotschafter. #SocialSelling

Es geht heute nicht mehr nur um die Annäherung an den Kunden, sondern auch um seine Einbeziehung. Packende Kundenerlebnisse, die in Erinnerung bleiben und geteilt werden wollen, sind inzwischen die Mitmach-Alternativen zur Kundenüberredung von gestern.

Ein aktives gemeinsames Gestalten mit der Zielgruppe bleibt im Gedächtnis, lässt diese durch ihre Meinung am Wertschöpfungsprozess teilhaben und stiftet langfristige und stabile Kundenbeziehungen. Diese sind dann ebenso wertvoll wie der verlässliche Händedruck und das vertrauensvolle Lächeln des Verkäufers, der zukünftig nicht mehr ohne eine ergänzende Social Media-Präsenz überleben wird.

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